Pflege und Gesundheitsversorgung wohnungsloser Menschen reichen vielerorts nicht aus – das zeigen aktuelle Zahlen, Interviews und Beobachtungen unserer Forschung im Rahmen der Cared.Wende. Beim Fachtag „Cared.Wende – Gemeinsam auf Versorgung schauen“ am 9. September 2025 an der FH Münster diskutierten rund 100 Fachleute aus Wohnungslosenhilfe, Pflege, Gesundheitswesen, Sozialdiensten, Wissenschaft und Verwaltung über Versorgungslücken und Lösungsansätze. In die Ergebnisse flossen auch die Wünsche und Perspektiven wohnungsloser Menschen ein, die durch Interviews und in einem eigenen Workshop thematisiert wurden.
Nach Grußworten von Prof. Dr. Stephan Barth (FH Münster) und Dietmar Davids (Bischof-Hermann-Stiftung) stellte unser Projektteam erste Beobachtungen und Lösungsansätze vor. Grundlage dafür war eine umfassende Situationsanalyse mit Interviews, Gruppendiskussionen und Beobachtungen, durch die wir zentrale Versorgungslücken und Bedarfe sichtbar gemacht haben. Ramona Geßler und ihr Team von der FH Münster führten durch den Tag. Carmen Speck vom Caritasverband Frankfurt schilderte anhand ihrer Arbeit in der Straßenambulanz, wo Versorgung gelingt – und wo sie an Grenzen stößt. Zu Gast war zudem Alessandra Petrarca vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS), das unser Projekt fördert.
Eine Befragung von 15 Einrichtungen hat den Handlungsbedarf deutlich gemacht: Rund 150 Bewohner:innen haben Pflegebedarf, ein Drittel von ihnen ohne Pflegegrad. Mehr als die Hälfte lebt mit psychischen Erkrankungen. Für 463 Bewohner:innen standen nur 19 barrierefreie Plätze zur Verfügung. Diese Zahlen verdeutlichen die Versorgungslücken, die wir beim Fachtag intensiv diskutiert haben.
In sieben Workshops setzten wir uns gemeinsam mit den Teilnehmenden mit zentralen Fragen auseinander: Wie lässt sich Pflege und Palliativversorgung künftig sicherstellen? Wie können riskante Entlassungen aus Kliniken vermieden werden? Welche alternativen Wohn- und Versorgungsformen braucht es? Deutlich wurde: Es fehlen passende Angebote, verbindliche Kooperationsstrukturen und ausreichend Wohnmöglichkeiten. Zwei der Workshops wurden von unseren Kooperationspartnerinnen Marie Therese Haj Ahmad und Jutta Henke von der GISS geleitet.
„Viele schwer kranke, wohnungslose Menschen werden von Pflege und palliativer Begleitung bislang kaum erreicht. Eine echte Wende zeigt sich nicht in Konzeptpapieren, sondern dort, wo die Betroffenen tatsächlich Zugang zu Versorgung bekommen“, betonte Dietmar Davids.
Zum Abschluss stellte Michael Zengerink das Graphic Recording vor – eine visuelle Dokumentation, die zentrale Inhalte und Diskussionen des Fachtags auf einen Blick sichtbar machte.
Wir nehmen die Ergebnisse des Fachtags in unsere weitere Arbeit auf. Die Praxis leistet schon heute sehr viel – doch ohne verlässliche Strukturen stoßen Einrichtungen und Fachkräfte an ihre Grenzen. Damit die erarbeiteten Ansätze dauerhaft Bestand haben, braucht es politischen Willen und konkrete Schritte. Gesundheitswesen und Wohnungslosenhilfe müssen dafür enger zusammenarbeiten – denn allein kann keine Seite diese Herausforderungen bewältigen. Unser Ziel bleibt, tragfähige Konzepte für eine bessere (palliativ-)pflegerische Versorgung wohnungsloser Menschen zu entwickeln – und dauerhaft abzusichern.